Montag, 24. Oktober 2011

Aus gegebenem Anlass: Die Linke und das Regieren.

Der Parteitag der Linken. Ein Höhepunkt des politischen Terminkalenders 2011. Geschlossenheit wurde angemahnt, ein neues Programm sollte auf den Weg gebracht werden. Doch 1400 eingereichte Änderungsanträge offenbaren: Die Linke befindet sich auf einem Selbstfindungstrip mit unbestimmtem Ausgang.

In einem Punkt war man sich ganz schnell einig. Drogen, so die einhellige Meinung unter Linken-Mitgliedern, sollten besser heute als morgen legalisiert werden. Mit 211-Ja-Stimmen gegenüber 173-Nein-Stimmen und 29 Enthaltungen wurde ein Meilenstein der Linken-Geschichte besiegelt. Nicht nur weiche, wie im Entwurf des Bundesvorstandes vorgesehen, nein, die Basis will nun auch den Konsum harter Drogen wie Kokain und Heroin Schritt für Schritt zulassen. Ein Meilenstein linker Demokratiegeschichte wurde geschrieben. Dieser Vorgang, von der Partei als „rationale und humane Drogenpolitik“ bezeichnet, offenbart das Bild einer Partei, die sich als regierungsunfähig erweist.

Beispiele für diesen schlichten Unwillen zur Gestaltung gibt es einige. Doch während man die Forderungen der Partei vor einigen Jahren noch als Produkt eines eigenartigen Sammelsuriums von Spinnern aus dem Westen und Pragmatikern aus dem Osten betrachtete, nehmen diese in jüngster Zeit immer groteskere Züge an. Da wäre beispielsweise der Austritt Deutschlands aus der NATO zu nennen, der eine breite Schar an Befürwortern innerhalb der Partei hinter sich versammeln kann. Ein damit zusammenhängender Diskussionspunkt ist das Thema Bundeswehr und ihre Auslandseinsätze. Man mag der Partei zugutehalten in diesem Punkt seit Jahren eindeutige Positionen zu vertreten. Doch wenn diese strikte Haltung den ehemaligen Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine dazu nötigt, beruhigend auf seine Genossinnen und Genossen einzureden und ihnen zu versichern, dass der zur Abstimmung vorliegende Antrag keine Schlupflöcher wie Blauhelmeinsätze in bestimmten Krisenregionen zulässt, ist die Frage legitim, ob man ihnen die Verantwortung für ein ganzes Land in die Hände geben möchte. Denn wie will eine Partei Deutschland regieren deren oberstes Ziel es ist, sich international zu isolieren. Deutschland braucht seine Partner und unsere Partner brauchen Deutschland.

Ginge es nach den Linken wäre die Bundeswehr aus Afghanistan längst abgezogen und zukünftig gäbe es keine Auslandseinsätze mehr. Es klingt fast wie Hohn wenn der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion im Bundestag Dietmar Bartsch fragt, was der Einsatz denn eigentlich bewirkt hat? Sicherlich verläuft der inzwischen seit 10 Jahren andauernde Krieg nicht durchgängig erfolgreich. Er ist für die Bundesrepublik Deutschland zudem gekennzeichnet von schmerzhaften Verlusten. Doch hätte die Weltgemeinschaft nach den Anschlägen vom 11. September ruhig gehalten, die Strukturen innerhalb des Landes wären unverändert. Es würde immer noch das Talibanregime dort herrschen. Es könnte immer noch die al-Qaida ungehindert weitere Anschläge auf die westliche Welt planen. Es würden immer noch Frauen und religiöse Minderheit unterdrückt. Es wäre jungen Mädchen immer noch nicht erlaubt Schulen zu besuchen. Der Einsatz hat ein Zurückfallen des Landes in steinzeitliche Strukturen verhindert und Grundsteine gelegt, auf denen die Bevölkerung nach einem geordneten Abzug aufbauen kann.

Erfurt brachte – wie zu erwarten war - keine Veränderung. Zu festgefahren ist die Partei in alten Schemen und ideologischen Grabenkämpfen. Doch will sie den Abwärtstrend der letzten Wahlen stoppen und ihr anvisiertes Ziel, die Etablierung in westlichen Landtagen, voranbringen, muss sie endlich in der Realpolitik ankommen.